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Der Nabel als Zentrum des Fasziennetzes  

Man kann sich das Faszien- oder Bindegewebsnetz des Körpers wie ein Spinnennetz vorstellen, in dem die Bewegung oder Bewegungsblockade jeder Faser Einfluss auf alle anderen hat.  Der amerikanische Anatom Myers beschreibt eine Strukturierung dieses Netzes in Form von Längszügen, den myofaszialen Leitbahnen, die auch eine Entsprechung zu den Akupunkturmeridianen der TCM* zeigen. So lässt sich im Sitzen eine verspannte Schulter plötzlich besser bewegen oder löst sich eine Irritation in einem ISG*, wenn eine Faszienirritation durch Blockade in einem Fuß- oder Beingelenk im Sitzen das System nicht mehr belastet. Dem Nabel kommt auf Grund seiner Verflechtung mit den meisten Faszienzügen in diesem Bild die Bedeutung des wichtigsten Aufhängungs- und Verbindungspunktes des Netzes zu. Neben den direkten Verbindungen zum Peritoneum und damit zum Darm, sowie zur Leber, zum Zwerchfell und darüber zum Perikard und nach unten zum Urogenitaltrakt bestehen über die myofaszialen Leitbahnen indirekte, therapeutisch ebenfalls relevante Verbindungen nach oben bis zum Schädel, nach unten bis zum Fußgewölbe und nach hinten zur Wirbelsäule. Insbesondere besteht ein enger Bezug zum dorsolumbalen Übergang, der wiederum ausschlaggebend ist für Irritationen der ISG und Becken-Hüftregion. Die senkrecht über dem Nabel verlaufende Linea alba und der Rektus abdominis verlaufen funktionell über Schambeine, Beckenboden, ventrale Sakralfaszie und vorderes Längsband der Wirbelsäule wieder hoch bis zum dorsolumbalen Übergang und weiter bis zum Schädel. Über die Transversal-Faszie und die peritonealen Verbindungen zum Zwerchfell besteht eine weitere Verbindung von Nabel, Oberbauch mit Nebenniere und Plexus solaris und zum Ursprung von Hüftbeugern und Rückenstreckern. Neben dem Nabel liegen auch therapeutisch nutzbare Reflexzonen für den Rückenstrecker und die Nierenregion. Und die Nabelregion gilt in der TCM als wichtigstes Energiereservoir, aus dem der ganze Körper gespeist wird. Der sensible Therapeut oder Patient kann über eine Verschiebung des Nabels überall im Körper die Zu- oder Abnahme der Spannung eines Referenzpunktes spüren. Dies ist prinzipiell bei zahlreichen Bezugssystemen im Rahmen der Osteopathie, Akupunktur oder Kinesiologie möglich. Für die FIT besonders relevant ist jedoch die fasziale Verbindung von Nabel, Stressorganen und vegetativem Nervengeflecht im Oberbauch, sowie dem funktionell wichtigen Übergang der Brust- zur Lendenwirbelsäule. Dadurch ergibt sich besonders eine ursächliche Beeinflussungsmöglichkeit von Rücken-, Nacken- und Schulterschmerzen, sowie den damit verbundenen Beschwerdekomplexen. Die Techniken der Nabel- und Narbenintegration können auch als eine „fasziale Reaktionsübertragung unter Entlastung von Schlüsselpositionen bei der Informationsübertragung in der bindegewebigen Zwischenzellsubstanz“ verstanden werden (Weber). Klaus Weber und Michaela Wiese, die Leiter des Deutschen Institutes für Ortho-Bionomy, stellen die damals noch Nabelsynchronisation genannte Nabelintegration nach Kermani in ihrem Buch, „Rückenschmerzen verstehen, behandeln und vorbeugen“ vor: „Über den Nabel als ventralen, faszialen Ankerpunkt der Rumpfwand können die myofaszialen, dorsalen Spannungsverhältnisse positiv beeinflusst werden“. Und „am Nabel treffen sich prä- und postnatale Erfahrungen mit der Struktur und Funktion eines zentralen Umschaltpunktes der ventralen myofaszialen Kette“. Myers beschreibt in seinem Buch über die myofaszialen Leitbahnen den Nabel als „die Quelle des Nährenden in den ersten neun Monaten“, sowie „eine reiche Quelle emotionaler als auch faszialer Verbindungen.“ Der klinisch nachweisbare Effekt der Nabelintegration auf das vegetative Nervensystem hängt m.E. mit der Entlastung der sympatischen Endäste v.a. in der Bauchwandfaszie durch den Nabelfinger sowie Entlastung der Nebennieren beim Flankengriff und Anregung des Vagus im Hals-, Nacken- und Kreuzbeinbereich über die zweite Hand. Möglicherweise erfolgt bei der Nabel- und Narbenintegration auch durch Hemmung sympathischer Rezeptoren im Bindegewebe eine Umpolarisation der Atome und Moleküle. Vorher positiv geladene Teilchen, also freie Radikale könnten neutralisiert werden und ein Strom an frei werdenden Elektronen, also negativ geladenen Energieteilchen wie durch ein Stromkabel über das fasziale Grundsystem des eigenen oder des Körpers  einer zweiten Person weitergeleitet werden.

Sonnengeflecht und vegetatives Nervensystem

Der Nabel liegt in direkter Nähe zu einem der wichtigsten, vegetativen Regulationszentren des Körpers, dem Plexus Solaris oder Sonnengeflecht.* Dieses ist für die Regulierung von Anspannungszustand, Sympathikotonus* oder Yang und Entspannungszustand, Parasympathikus* oder Yin, insbesondere im Bereich der inneren Organe verantwortlich. Der Spannungszustand der glatten Muskulatur der Hohlorgane sowie die Drüsensekretion sind vom Zustand des Sonnengeflechts abhängig. „Das Sonnengeflecht dirigiert alle Funktionen des physischen Körpers, insbesondere Atmung, Ernährung, Wachstum, Kreislauf, Nervensystem. Blockaden des Sonnengeflechtes führen zu Zirkulationsstörungen im Blutkreislauf, im lymphatischen und energetischen System. Es resultieren Ablagerungen und Verschlackungen die zu einer Vielzahl spiritueller, seelischer (geistiger), emotionaler und physischer Beschwerden führen können. In Folge der Verbindung mit den inneren Organen wie Leber, Magen, Bauchspeicheldrüse etc. und seiner Funktion als Speicher der Lebensenergie (Qi) führt ein Ungleichgewicht oder eine Blockade des Sonnengeflechts durch Traumata oder physischen, emotionalen oder seelischen Stress zu einem Ungleichgewicht des ganzen Körpers“. (Damian Alvarez*: El plexo solar)

Patienten, die autogenes Training praktizieren, spüren durch die Nabelintegration eine ausgeprägte Steigerung von Entspannung und Wärmegefühl im Vergleich zu ihrer gewohnten, bewussten Aktivierung des Sonnengeflechts mit der Suggestion: „Sonnengeflecht strömt“. Wenn die Neuraltherapeuten und Kinesiologen Recht haben mit ihrer Deutung der vegetativen Reaktionsstarre oder Hypertonie als Hinweis auf eine Regulationsstörung des Sonnengeflechtes, dann bietet die Nabelintegration eine einfache, effektive und in der Wirkung überprüfbare Entlastung für das vegetative Nervensystem, insbesondere auch im Bereich des Sonnengeflechtes.

Neuraltherapie

In der Neuraltherapie wird der Nabel bei abdominellen* Beschwerden u. a. auch bei Nabelkoliken und als Störzone in Zusammenhang mit allergisch-asthmatischen Beschwerden gespritzt, und zwar dort, wo die Zugspannung entsteht. In der Regel kann eine Umstellung des gesamten Vegetativums mit Entspannung der abdominellen* und thorakalen* Faszien und Organe beobachtet werden. Fernwirkungen an der Wirbelsäule, im Magen-Darmtrakt, bei Blasenstörungen inklusive Enuresis (Bettnässen), kleinkindlichen Erkrankungen, Allergien, Schwindel oder Sterilität werden beschrieben. Der Nabel gilt in der Neuraltherapie als die erste Narbe des Menschen und als wichtige Reflexzone bei Oberbaucherkrankungen. Im Allgemeinen projizieren sich Irritationen aus dem kleinen Becken in die kaudale Nabelpartie, Irritationen aus dem Oberbauch und Darm in die jeweils dazugehörigen Quadranten.

Im Bereich der ISG können zunächst im Rahmen einer Segmenttherapie Quaddeln über beide ISG und die Dornfortsätze L4 bis S1 gesetzt werden. Als nächstes folgt die Injektion in den oberen und unteren Anteil des betroffenen ISG (siehe Literatur: Gerd Dross). Die Integrale Orthopädie empfiehlt dazu eine Entlastungsposition in Bauchlage mit zwei Kissen oder Softbällen unter dem Darmbeinkamm. Der Einstichpunkt liegt auf Höhe der SIPS, jeweils 1 cm lateral der Mitte. Eine blaue, 6 cm lange, 0,6 mm dicke Kanüle wird jeweils 45° nach lateral und ventral injiziert, für den oberen Anteil 30° nach kranial und für den unteren Anteil, nach leichtem Zurückziehen der Nadel, 30° nach kaudal gerichtet. Ggf. sind die benachbarten Facettengelenke, insbesondere von L5/S1, sowie Triggerpunkte, v.a. des Quadratus lumborum und der Glutealmuskulatur einzubeziehen. Auch Umflutungen des N.pudendus und eine peridurale Injektion von kaudal in den Hiatus sacralis können erwogen werden. Außer der Injektion an den Nabel und andere störende Narben kann bei Verdacht auf ein Störfeld im Darmbereich praeperitoneal zwichen dem äußeren und mittleren Drittel der Verbindungslinie zwischen Nabel und SIAS injiziert werden. Auch im Verlauf der myofaszialen Spannungsketten kann neuraltherapeutisch interveniert werden (Dross).

Manuelle Therapie

Die 1922 geborene Physiotherapeutin Gerda Boyesen erkannte bereits Zusammenhänge zwischen Verhärtungen der unwillkürlichen Muskulatur und der Faszien im Bauchbereich und dem vegetativen Nervensystem. Die Behandlung erfolgte durch sanftes „Schmelzen“ der Verhärtungen (W. Coaz). Die praktische Erfahrung zeigt immer einen Hinweis auf einen störenden Nabel bzw. eine über den Nabel zugängliche vegetative Regulationsstörung bei fehlender manueller Entspannungsfähigkeit der tiefen Rückenstreckmuskulatur (M.quadratus lumborum) und des Hüftbeugers (M.iliopsoas) sowie der Hüftanspreizer (Adduktoren). Die Faszien dieser Muskeln, sowie ihre Ursprungsgelenke, die ebenfalls hinter den Stressregulatoren am Übergang der BWS zur LWS liegenden, kleinen Wirbel- und Rippengelenke und die damit verbundenen hinteren und vorderen Beckengelenke, also ISG und Symphyse sind bei fast allen unspezifischen, Rückenbeschwerden ursächlich beteiligt.

Reflexzonen

Im System der neurolymphatischen Reflexpunkte nach Chapman* und Goodheart findet sich rund um den Nabel die Blasenzone, sowie beidseits des Nabels die Reflexzone für die Muskeln zwischen Kreuzbein und Becken, sowie der Niere, deren Schwäche wiederum im Reflexsystem der TCM ausschlaggebend gesehen wird für chronische Rückenschmerzen.

Ortho-Bionomy

Über das Fasziensystem der Bogensehne „bowstring“ steht der Nabel mit dem ganzen Körper in Verbindung. „Alle unsere inneren Bewegungsmuster entstammen dieser Region unserer Struktur, der Verbindung von oben zu unten, der ursprünglichen Verbindung zur Mitte, zum Leben“ (Terry Lee*).

In der Ortho-Bionomy wird die Blasenzone am Nabel mit dem „Belly button* balancing“ für Rückenschmerzen, Oberbauch- und Harnwegsstörungen behandelt. Dabei werden zunächst die angenehmen Zonen neben dem Nabel berührt, anschließend wie bei der Nabelintegration der Nabelrand sanft in alle verschiedene Richtungen gezogen oder gedreht und in die angenehme Richtung gehalten. Eine Kopplung mit einer Schmerzzone oder gestörten Narbe stellt die in diesem Buch vorgestellte Nabelintegration dar. In gemeinsamer Arbeit mit Klaus Weber und Michaela Wiese wurde daraufhin eine Integration des von M. Wiese entwickelten Puzzle Reflex* mit der Nabel- und Narbenintegration vorgeschlagen, im Juli 2012 erstmals erfolgreich durchgeführt und in das Therapiekonzept der Ortho-Bionomy und Integralen Orthopädie integriert.

Nabel- und Narbenintegration sind vergleichbar mit dem ortho-bionomischen Balance Reflex. Bei diesem treten zwei miteinander in Bezug stehende, gleichzeitig berührte Körperregionen miteinander in eine heilsame Wechselwirkung.

Kinesiologie

In der angewandten Kinesiologie* (AK) ist der Nabel der wichtigste Untersuchungs- und Behandlungspunkt bei Vorliegen eines „Switching“, einer „nicht vorhersehbaren, neurologischen Dysorganisation“. Diese wird als eine Koordinationsstörung der beiden Hirnhälften und damit u.a. auch als häufige Ursache von Lernschwierigkeiten gesehen. Entsprechend wird die Nabelentspannung in der Integralen Orthopädie auch bei Konzentrations- und Kontaktstörungen sowie Unruhezuständen eingesetzt. Üblicherweise wird in der Kinesiologie zur Feststellung der Testbarkeit des Patienten vor der Behandlung der Nabel berührt. Der Patient muss dabei immer schwach testen. Das heißt, die Berührung des Nabels irritiert das Gehirn immer, egal ob der Nabel stört oder nicht. Daraus ließe sich ableiten, dass das Gehirn so viel Information über die Nabelberührung erhält, der Nabel also faszial mit so vielen essentiellen Elementen des Körpers in Kontakt ist, dass das Gehirn mit dieser Informationsfülle immer überfordert ist.

Ostasiatische Heilkunde

In direkter Nabelnähe liegt auf energetischer Ebene das Hara (japanisch: Quelle des Lebens) bzw. das untere Tan-Tien der fernöstlichen Heil-, Kampf- und Meditationskünste. Dort sammelt der Praktizierende des Zen, Qi Gong, Kung Fu oder Aikido seine innere Kraft und findet das Gleichgewicht von Dynamik und tiefer Ruhe. Es ist unser wichtigstes Energiereservoir.

„In der chinesischen Medizin ist der Tan Tien ein Ozean von Chi, der erst überfließen muss, um die Flüsse (Meridiane) zu füllen und dann alle Organe zu versorgen. Durch Befreiung des Chi-Flusses können wir unsere Organe und unsere Lebenskraft stärken und unsere Selbstheilungskräfte aktivieren. Unser Herz wird entlastet, da der Kreislauf, das Nervensystem und die Drüsen aktiviert werden und alle Körperflüssigkeiten (Blut, Lymphe) leichter durch den Körper fließen können. Ein hoher Chi-Druck verbessert unsere persönliche Kraft, gibt uns im täglichen Leben mehr Konzentration und Ausgeglichenheit“ (Rainer Semlin/2004).

Im Bezugssystem der TCM verbindet die erste Position der Nabelintegration die Quelle des Qi im Bauch mit dem Speicher des Jing, der Erbenergie in den Nieren. Die Position der verbindenden Hand entspricht weitgehend dem Verlauf des Gürtelgefäßes. Dieses gehört zu den außerordentlichen Gefäßen oder Wundermeridianen, die in der Akupunktur die Funktion haben, überschüssige Yin-Energie weiterzuleiten. Es würde also die überschüssige Yin-Energie aus der Nabelregion über die Aktivierung des Gürtelgefäßes den Nieren zugeführt.

In der TCM spiegelt die Nabelregion den Zustand der Nieren und eines weiteren Wundermeridians, des Durchdringungsgefäßes, wieder. Wenn die Nabelregion sich hart und voll anfühlt, spricht dies für eine Qi-Stagnation oder Blut-Starre im Durchdringungsgefäß. Fühlt sie sich sehr weich an, weist dies auf eine Nierenschwäche und Schwäche des Durchdringungs- und Konzeptionsgefäßes hin (Macioca).

Das Konzeptionsgefäß, ein Yin-Meridian, beginnt im kleinen Becken und zieht vom untersten Punkt des Rumpfes in der vorderen Mittellinie hoch bis zum Kinn. Das Lenkergefäß, ein Yang-Meridian, der ebenfalls im kleinen Becken entspringt und auch am Damm an die Oberfläche kommt, zieht hinten über der Wirbelsäule nach oben über den Kopf. Zusammen bilden sie den „kleinen Energiekreislauf“. Dieser hat eine zentrale Bedeutung für das Gleichgewicht von Yin und Yang, also Entspannungs- und Anspannungszustand. Der Nabel entspricht dem zentralen Akupunkturpunkt (KG 8 göttliche Grenze) auf diesem Meridiankreislauf. Er wird normalerweise nicht genadelt, sondern bei Energiemangel gern mit Wärme (Moxa) behandelt. Eine Blockade des Nabels führt zu einer schwerwiegenden energetischen Verteilungsstörung mit einer Regulationsstörung zwischen Yin- und Yang-Zustand. Die Aktivierung der Yang- Meridiane erfolgt primär durch Nadelung eines Punktes des Lenkergefäßes, genau in Nabelhöhe am Rücken. Alle Narben und Fremdkörper (z.B. Nabel- oder Zungenpiercings) auf diesen beiden Meridianen haben durch die Unterbrechung dieses sehr wichtigen Meridiankreislaufes eine stark störende Wirkung auf den ganzen Körper. In der Regel resultiert eine vegetative Regulationsstarre, die sich sofort nach Entstörung der entsprechenden Narbe bzw. Entfernung des Piercings auflöst.

Orientalische Heilkunde

Berichten von Patienten oder Bekannten aus dem vorderen Orient zufolge gehört die Behandlung über den Nabel zum therapeutischen procedere mancher alter Heiler und Heilerinnen. In der Türkei dient ein Verschieben des Nabels der Behandlung von Bauchschmerzen und aus dem Iran gibt es vereinzelte Berichte über die erfolgreiche Behandlung von Krankheiten, u.a. auch cerebraler Anfallsleiden über den Nabel.

Ohrakupunktur

In der Ohrakupunktur ist der Nabelpunkt identisch mit dem sehr wichtigen, zentralen Koordinations- oder Nullpunkt. Nach Nogier dem französischem Arzt und Begründer der modernen Ohrakupunktur ist der Nabel- oder Nullpunkt der Meisterpunkt der Ohrmuschel und Ausgangspunkt der Nogierschen Behandlungslinien, die existente, energetische Kraftlinien darstellten Die Nadelung Nullpunkt ist u.a. indiziert bei Überanstrengung, bei Erschöpfungszuständen und zur Besserung des Allgemeinbefindens. Bei Spasmen der Bauchorgane wirkt sie entkrampfend. Dort beginnt die Zone des Sonnengeflechts. In der indischen Philosophie entspricht der Nabelpunkt dem Ohrchakra als energetisches Zentrum des Ohres.

Ayurveda und Anthroposophie

Die uralte, indische Medizin des Ayurveda, zu der auch das System des Yoga gehört, kennt das Nabelchakra oder Manipura als eines der zentralen Energiezentren. 72.000 Nadis oder Energiekanäle sollen sich um den Nabel herum befinden.

Ludwig Janus zitiert in seinem Buch: „Wie die Seele entsteht“ den indischen Psychoanalytiker Sudhir Kakar: Mit der Geburt und dem Durchschneiden der Nabelschnur wird eine Verbindung mit dem universellen Bewusstsein unterbrochen. Es entsteht in der Gegend des Nabels eine Lücke, die im hinduistischen Denken “Maya“ heißt, und die das Bewusstsein des Individuums von seinen universellen Wurzel trennt.

Die von Rudolf Steiner begründete anthroposophische Medizin sieht über die Chakras ebenfalls eine Verbindung des physischen Körpers mit den feinstofflichen Körpern, u.a. dem Astralleib, also den Ebenen der Aura*.

Nabelchakra und Sonnengeflecht

Zitiert mit freundlicher Genehmigung des Autors Damian Alvarez, aus seinem Buch „El plexo solar, el sol de tu vida“:Über das Sonnengeflecht kommuniziert der Mensch mit dem Universum, weil das Sonnengeflecht mit allen Chakren und allen Aspekten der spirituellen, seelischen, emotionalen und physischen Persönlichkeit verbunden ist. Im Sanskrit heißt das zugehörige dritte Chakra Manipura, was u.a. mit Kraftzentrum übersetzt werden kann. Im Russischen wird es JiGot genannt, was aus dem Bulgarischen stammt und Leben bedeutet. In anderen Kulturen wird es Nabellotus genannt, Meister des Lebens oder Sonne deines Lebens. Das Sonnengeflecht kontrolliert die Lebensenergie (Qi oder Prana), die dieses Chakra absorbiert und verteilt. Wenn seine Funktion nicht behindert ist, trägt das Sonnengeflecht zur Heilung aller Arten von Krankheiten bei. Es ist das einzige Chakra, das bei der Geburt vorhanden ist, überschreitet die Dimension von Raum und Zeit und steht in Verbindung mit unserem ursprünglichen (oder göttlichen) Bewusstsein. Eine seiner Funktionen ist der Schutz der Aura. Bei Gefahr (oder Stress) kann es sich verschließen, um die übrigen energetischen Zentren zu schützen“. Stress und Traumata belasten den Körper zuerst und am stärksten im Nabelchakra.

Als wichtigste Ursache einer sozialen Traumatisierung des Sonnengeflechtes sieht Alvarez Angst und Neid. Angst, insbesondere auch in Folge einer negativen, Angst fördernden Erziehung. Auch beschreibt er das Sonnengeflecht als Sitz der ständig stattfindenden unbewussten, energetischen Kommunikation zwischen den Menschen und zwischen Mensch und Umwelt, mit der Möglichkeit einer Übertragung von Energien, energetischen Blockaden aber auch Emotions- oder Gedankenmustern.

Als Symptome einer Blockade oder negativen Belastung des Sonnengeflechtes beschreibt er ein vegetatives Unwohlsein, z.B. im Zusammensein mit bestimmten Menschen oder in bestimmten Umständen, verbunden mit leichter Übelkeit oder anderen Magen-Darm Beschwerden, Kopfschmerzen, Anspannung, Depressionen etc.. Bei anhaltender Blockade folgen die entsprechenden Krankheiten.

Menschen mit gut entwickeltem Nabelchakra nähmen auch körperlich mehr Anteil an ihrer Umwelt, teilten Leid und Freude mit ihren Mitmenschen, spüren somit auch verstärkt in ihrem eigenen Körper die Probleme der Anderen. Ist ihr Nabelchakra dabei ausgeglichen, schützt es sie vor schädigenden Einflüssen. Auch trägt dies zur Stabilisation der positiven Aspekte ihres Egos bei. Jugendliche seien bis zum 21. Lebensjahr mit dem Nabelchakra ihrer Eltern verbunden, litten entsprechend unter deren Traumata, Unwohlsein, selbsteinschränkenden Vorstellungen und Mangel an Selbstliebe und genössen deren Ausgeglichenheit, Wohlbefinden und Selbstvertrauen.

Zur Kräftigung des Sonnengeflechtes und Nabelchakras empfiehlt Alvarez in seinem Buch eine Vielzahl von Techniken, aber auch Lachen und Weinen sowie eine tiefe Bauchatmung. Eine Massage des Sonnengeflechtes wird mit beiden Händen unter sanftem, aber ausreichendem Druck vom Oberbauch nach unten zur Symphyse und von beiden Seiten zur Mitte durchgeführt. Noch effektiver sei eine halbstündige Schröpfmassage mit einer Saugglocke oder einem Glas, unter das zur Entstehung eines Unterdrucks kurz eine Kerze gehalten wird, oder das Streichen mit einem nicht zu warmen Bügeleisen über einem auf Ober- und Unterbauch gelegtem Handtuch, ebenfalls von oben nach unten, 1-2 Mal pro Tag, 3 Tage lang.

Nabelchakra und Sufismus

Im Sufismus*, der mystischen Tradition v.a. des Islam, wird die persönliche oder Triebseele als „Nafs“ bezeichnet und im Bauch loklisiert. Der Nabel heißt im Persischen „Naf“ und „der Atem* Nafas“. Der höhere, mit dem Göttlichen verbundene Anteil der Seele „Ruh“ wird im Herzen lokalisiert, und das offene Herz zeigt sich durch den leuchtenden Blick. Die ständige Reinigung des „Nafs“ durch Verbindung des Bauchzentrums mit dem Atem und dem Herzen geschieht durch die ständige Vergegenwärtigung des göttlichen Geliebten. Gott heißt im Persischen „Choda“ und das Selbst heißt „Chod“. Die Entwicklung des Kontaktes mit dem göttlichen Selbst geschieht im Sufismus u.a. durch ständiges ER-innern* seiner Gegenwart, z.B. durch Wiederholen seiner Namen, Kultivierung einer ständigen Stimmung der Dankbarkeit, Ehrfurcht und Demut, aber auch der Begeisterung und Ekstase. Wie in vielen anderen, spirituellen Traditionen geschieht dies auch durch ein zunehmendes Körperbewusstsein mit Beruhigung und Zentrierung des Geistes durch Konzentration auf die Atmung sowie das Herz- oder Bauchzentrum. Das dritte Tor zum inneren Licht befindet sich aus Sicht der Sufis, aber auch des Yoga und der meisten anderen spirituellen Traditionen hinter der Stirn, im sogenannten dritten Auge oder Stirnchakra, anatomisch in der Epiphyse* oder Zwirbeldrüse*. Diese ist auf der physikalischen Ebene für die Melatoninproduktion und damit für den Schlaf-Wach-Rhythmus und das körperliche Wachstum zuständig und steht unter dem Einfluss des Lichtes der äußeren Sonne. Auf der emotionalen Ebene beeinflusst die Epiphyse in Abhängigkeit vom äußeren Licht der Sonne das innere Licht des Gemütes und der Seelenstimmung. Auf der elektromagnetischen Ebene entspricht die Epiphyse auf Grund ihrer Struktur der mächtigsten Sende- und Empfangsantenne unseres Körpers und hat die Vorraussetzung mit dem gleichfalls, die elektromagnetischen Vorraussetzungen einer Sende- und Empfangsantenne erfüllenden, Fasziensystem zu kommunizieren. Eine in allen Kulturen verbreitete Praxis der Meditation besteht darin, das „göttliche Licht“ über das Stirnchakra aufzunehmen und in das Herz- und Nabelzentrum weiterzuleiten. Die Vereinigung mit der inneren Stille oder Leere oder mit Gott lässt sich durch alle drei Tore erreichen. Die entsprechende Übung in der Integralen Orthopädie, ist die Visualisation und Entspannung des Sonnengeflechts oder Nabelzentrums über den Nabel, während die andere Hand über oder auf dem Herzen oder der Stirn liegt und die jeweiligen Zentren miteinander verbindet.

In der Lehre des renommierten in Amerika lebenden Psychotherapeuten und Sufilehrers Almaas (siehe Literatur: die Essenz*) wird die Trennung des Kindes von der Mutter durch die Durchtrennung der Nabelschnur als Trennung des Menschen von der ursprünglichen, göttlichen Essenz des Lebens gesehen. Die Behandlung des Nabels kann somit auch im Sinne einer Behandlung unserer seelischen Urnarbe gesehen werden.

Der Nabel als Urton

Der im Jahre 2000 verstorbene indische Naturforscher, Kernphysiker, Musiker und Mystiker Dr. Vemu Mukunda forschte und lehrte von einem persönlichen Grundton in jedem Menschen, der am Nabel schwingt. Er praktizierte Heilung durch Hinführen zu diesem individuellem Urton. Die Integralen Orthopädie stellt sich vor, dass jede Zelle des Körpers ein bestimmtes, für jeden Menschen individuelles Schwingungsmuster hat und das Narben und andere Störherde durch eine Veränderung ihres Schwingungsmusters das Gehirn irritieren. Durch die Nabelintegration wird dieses gestörte Muster wieder an den „Urton“ des Nabels angepasst und das Gehirn, bzw. andere Steuerungszentralen wie das Sonnengeflecht entlastet.

Der Nabel als Urnarbe

Der Fötus im Mutterleib zeigt sehr früh ein eigenständiges, selbst regulierendes Verhalten. Es dient u. a. der Erforschung seines Körpers und seiner Umgebung. Die Sprache des Körpers, insbesondere Mimik und Gestik, weisen auf Bedürfnisse, Interessen, Begabungen, Lernprozesse und Gefühle, auf gute und schlechte Träume. Ab der 10. Woche sind alle komplexen Bewegungen, z.B. das aktive Drehen in der Gebärmutter, die Zuwendung auf liebevolle Berührung des Bauches oder heftiges Treten gegen die Bauchwand bei unangenehmen Geräuschen oder Belästigung durch Ultraschalluntersuchungen oder gar Fruchtwasserpunktionen zu beobachten. Zwillinge wurden dabei beobachtet, wie sie sich gegenseitig wecken oder durch die Eihülle hindurch küssen, was mit einer entsprechenden als Lächeln gedeuteten Mimik beantwortet wird (bei D. Chamberlain in: seelisches Erleben vor und nach der Geburt, Hrsg: L. Janus, S. Haibach).

Gleichzeitig ist der Fötus „über die physiologischen Äquivalente von Emotionen wie hormonelle Veränderungen im Blut, der Qualität der Sauerstoffzufuhr, Veränderungen der Herzfrequenz etc. quasi an die Gefühlswelt der Mutter angeschlossen“ beschreibt das Institut für Persönlichkeitsentwicklung und Psychotherapie. Das Gleiche gilt für die Verbindung mit dem mütterlichen Stoffwechsel und das Immunsystem.

Die Nabelschnur ist dabei die einzige direkte Verbindung des entstehenden Individuums mit seiner ihn nährenden und beschützenden, aber oft auch belastenden Umwelt. Fötus und Mutter essen, trinken, rauchen, nehmen Medizin, erleben Freude, Trauer, Ärger, Aufregung und auch jeden Stress gemeinsam. Über die Nabelschnur besteht eine körperlich-seelische Einheit zwischen dem entstehenden Kind und seiner Mutter bzw. dem Leben. Der kindliche Nabel erfährt die mütterliche Reaktion auf das Leben über die Zusammensetzung des Nabelbluts einschließlich Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt sowie pH-Wert des Blutes, über den Rhythmus des Herzschlages und den Blutdruck. Über die Nabelgefäße werden alle Nährstoffe, aber auch Stresshormone wie Cortisol dem kindlichen Organismus zugeführt und alle Stoffwechselschlacken entsorgt. Mütterliche Stresshormone, genauso wie therapeutisch zugeführtes Cortison, erhöhen dabei im Kind nicht nur das Risiko für die typischen stressbedingten Erkrankungen, sondern bewirken auch eine Störung der Gehirnreifung mit erhöhtem Risiko von Intelligenz- und Konzentrationsstörungen sowie späteren Depressionen (bei Katrin Neubauer). Umgekehrt leiden Kinder, deren Mütter einer stressbedingten Nebennieren-insuffiziens mit Erschöpfung der Hormone, wie Cortisol ausgesetzt waren, nach der Geburt ebenfalls unter einer Schwäche der Nebennieren und sind stressanfälliger.

Parallel zu der Informationsflut über die Nabelgefäße erlebt der Nabel über die zahlreichen freien Nervenendigungen und Rezeptoren des sympathischen Nervensystems in der Nabelfaszie die entsprechende Reaktion des mütterlichen und fötalen vegetativen Nerven- und -Fasziensystems. Das sich entwickelnde fötale Fasziensystem nimmt die physiologische Steuerungsfähigkeit des mütterlichen vegetativen Nervensystems zwischen Stress- und Entspannungszustand genauso wahr wie eine Fixierung des mütterlichen Organismus im Sympathikotonus mit der damit verbundenen Reaktion des mütterlichen und kindlichen Fasziensystems. Die Nabelfaszie beteiligt sich aber auch aktiv an der Regulation der Informationszufuhr. Dabei zeigt sich die Verbindung von Gedanken und Emotionen mit dem Fasziensystem z.B. daran, dass bereits der Gedanke der Mutter an Nikotin zu einer Verengung der Nabelschnur führen kann. Auch zeigen Ultraschalluntersuchungen, dass Foeten nicht nur sehr oft mit ihrer Nabelschnur spielen, sondern diese gelegentlich auch aktiv zusammendrücken.

Nabel und Fasziensystem erleben unter aktiver Mitbeteiligung die individuelle Entwicklung von Stressreaktionen, Schmerz, Furcht, Trauer, aggressivem Verhalten, aber auch Freude, Zuneigung, Lernen, Erinnerung, Vorlieben und aktiver Kommunikation mit der Umwelt. Das so genannte Zellgedächtnis bzw. das Schwingungsmuster der Nabelfaszie speichert möglicherweise, wie andere Narben auch, Emotionen sowie die dazugehörigen und andere Erfahrungen des vegetativen und faszialen Systems, also auch den Umgang mit Stress. Der Nabel würde dann sowohl die traumatischen Erfahrungen als auch die Essenz des gesamten fötalen Individuationsprozesses und des Entbindungsprozesses speichern. Die Entstehung des Nabels nach Durchtrennung der Nabelschnur steht somit als Urnarbe für die Entstehung des selbstständigen Menschen und seine Trennung von der direkten Verbindung mit dem Leben.

Der Basler Psychiater Peter Schindler, Präsident der Internationalen Studiengemeinschaft für Prä- und Perinatale Psychologie und Medizin Schweiz, beschreibt die Geburt als das vielleicht prägendste psychische Erlebnis überhaupt. Klaus Käppeli, Körperpsychotherapeut in St. Gallen, erklärt dies u.a. auch auf Grund der Erfahrung des Übergangs vom maximalen Stresszustand in einen Entspannungszustand.

Die Bewältigung des Überganges von der Einheit und Geborgenheit durch ein Stadium der größten Enge, Angst und Verzweiflung in einen Zustand der selbstständig lebensfähigen Getrenntheit und relativen Selbstständigkeit, macht die Geburt m. E. zu dem grundlegenden, formenden Erlebnis der menschlichen Entwicklung. Ein Erlebnis, das im positiven Fall das Urvertrauen in das Leben unterstützen könnte, sowohl auf der seelischen, aber auch auf den muskulären, faszialen, vegetativen und zentralnervösen Ebenen.

Im negativen Fall jedoch kann eine komplizierte Entbindung eine anhaltende Belastung des Säuglings bedingen. Der kindliche Organismus kann über lange Zeit im Stressmodus verbleiben mit den entsprechenden Reaktionen des Stoffwechsels, vegetativen Nerven- und Faszien-systems. Entsprechend häufig zeigen sich dann Beckenverwringungen, ISG- und Atlasfehlstellungen mit den dadurch initiierten Folgen, die uns schlimmstenfalls ein Leben lang begleiten können. Bei einer Periduralanästhesie oder Vollnarkose der Mutter wird das Urvertrauen zusätzlich dadurch erschüttert, dass der Fötus die eigene extreme Stressreaktion verschieden von der mütterlichen Reaktion erlebt. Bei einem Kaiserschnitt oder einer vorzeitigen Entbindung fehlt auch oft die durch den Einsatz der Wehen signalisierte Bereitschaft des Fötus zum Start in das neue Leben. Die als drohende Erstickung erlebte zu frühe Durchtrennung der noch pulsierenden Nabelschnur, die ungewohnt helle und oft stressbesetzte Umgebung und die häufige Trennung von der Mutter, v.a. bei Frühgeborenen sind weitere, oft vermeidbare Stressfaktoren für den sensiblen Organismus des Neugeborenen. Alle diese Traumata hinterlassen möglicherweise ihre Spuren im Nabel und wirken sich vielleicht ein Leben lang von dort als stressinduzierender Urstörherd auf die gesamte Körper-Seele-Geist Einheit des neuen Menschen aus.

Die Durchtrennung der Nabelschnur mit ihren Gefäßen, Nerven und Faszien wird auf diese Weise bei dem unvorstellbar komplexen Prozess der Menschwerdung zur ersten und erfahrungsreichsten Narbe.