Gesundheit zeichnet sich durch eine ungestörte Regulationsfähigkeit von Anspannung und Entspannung aus (Neuraltherapie).
1. Das autonome Nervensystem
Das ANS oder vegetative Nervensystem besteht aus dem, für Gefahrensituationen und erhöhte Leistungsbereitschaft zuständigen, sympathischem Nervengeflecht und dem, für entspannte Tätigkeiten, Erholung und Regeneration zuständigen, parasympathischem Nervengeflecht oder Vagus.
Es reguliert über die Spannung der glatten Muskulatur des Herzmuskels und der Bauchdrüsen den größten Teil unserer unbewussten Körperfunktionen im Brust- und Bauchraum und über seine Verbindung mit dem Fasziensystem und dem Hirnstamm unsere unbewussten Bewegungs- , Denk-, Fühl- und Handlungsmuster.
Durch seine Verbindung der Brust- und Bauchorgane mit unseren unbewussten Hirnanteilen sowie unseren Gesichts-, Hals- , unteren Rücken- sowie Beckennerven ist der Vagus auch unser komplexester Hirnnerv. Der sympathische Grenzstrang liegt in Form einzelner Zentren vor der Wirbelsäule. Das größte dieser Zentren ist das Sonnengeflecht im Oberbauch, dessen äußerst feine Regulation gemeinsam mit dem Vagus erfolgt. Durch seine Endäste im Fasziensystem verbindet der Sympathikus dieses mit dem Vagus und unserem Unterbewusstsein oder Unbewusstem. So sind insbesondere unbewusst als Bedrohung erlebte Belastungen die Hauptursachen einer Dekompensation dieser Regulation.
2. Die Überlastung der inneren Regulation
Überschreiten wir die individuellen oder globalen Grenzen unserer Belastbarkeit, verlieren sowohl unser Körper, als auch unsere Erde, ihre Regulations- und damit auch ihre Regenerationsfähigkeit.
Die normale Stressreaktion ist ein prähistorisch verankerter biologischer Mechanismus des ANS zur Sicherung unseres Überlebens durch schnelle Mobilisation von Energien für eine Flucht- oder Angriffsreaktion. Bei anhaltendem oder übermäßigem Stress kann dieser Mechanismus dekompensieren. Am Bewegungsapparat können wir dies an einer Fixierung der Angriffs- oder Verteidigungsposition des Beckens im Sinne einer Beckenverwringung erkennen. Darauf baut der später beschriebene Integrale Stresstest auf. Die vom Stammhirn, also für uns unbewusst, gesteuerte und nicht unserem Willen ohne weiteres zugängliche, autonome Regulation betrifft also nicht nur unsere unbewussten, vegetativen Funktionen, wie Herz und Kreislauf, Verdauung, Entgiftung, die Funktion unseres Immunsystems oder unserer Sexualorgane. Auch unser Verhalten wird zum großen Teil vom ANS, für uns unbewusst, gesteuert.
3. Die Polyvagaltheorie nach Purges
Wir können unser Verhalten bei Belastungen bzw. Stress gemäß der Polyvagaltheorie in drei Phasen unterteilen:
1.Vordere Vagusphase: Wir fühlen uns gut, entspannt und sicher und suchen nach einer kreativen und sozialen Lösung unseres Anliegens.
2.Sympathikusphase: Wenn unser Problem vom Stammhirn als zu groß für eine entspannte Lösung eingeordnet wird, schaltet das ANS zur schnellen Mobilisierung von Energien auf Alarmzustand.
2 a. Produktive Sympathikusphase: Uns stehen plötzlich neue Kraftreserven und unbewusste Reaktionsmuster zur Verfügung. Der Reiz der damit oft verbundenen, stärkeren Körperverbundenheit mit der gleichzeitigen Befreiung von Grenzen des Körpers und des Ichs verleitet manche zu Extremsportarten oder Arbeitssucht.
2.b. Destruktive Sympathikusphase: Überschreiten wir auch hier unsere Grenzen, braucht es jedoch immer stärkere Reize, um sich und seinen Körper zu fühlen. Zu der klassischen Reaktion auf unangenehmen Dysstress gehört außer den vegetativen Reaktionen wie flache Atmung und Blutdruckanstieg auch eine inneren Unruhe und eine zunehmende Ineffektivität der Handlungsweise, die sich bis zur Destruktivität steigern kann.
3. Dekompensationsphase:
3.a. Erschöpfungsphase: Reicht die Mobilisierung von Energien nicht zur Problemlösung oder werden die dabei freigesetzten Stresshormone nicht durch körperliche Bewegung verbraucht und fehlt eine angemessene Regenerationsphase, verbleiben das vegetative Nervensystem und das mit ihm eng gekoppelte Fasziensystem in diesem unproduktiven Anspannungsmodus.
Sie arbeiten ineffektiv und unkontrolliert und erschöpfen ihre Kraftreserven. Das ANS kann nicht mehr richtig in die Phase des vorderen oder bauchseitigen Vagus schalten. Wir können uns nicht mehr richtig entspannen und verlieren dadurch auch alle damit verbundenen Eigenschaften und Fähigkeiten, einschließlich unserer Regenerationsfähigkeit. Die meisten Menschen, die in meine orthopädische Praxis kommen, befinden sich, wie ihre Beckenverwringung zeigt, in diesem dekompensierten Stressmodus. Dabei ist es nicht nur aktueller und uns bewusster Stress. Wir alle haben auch eine Stressvorgeschichte, die uns nicht in den Knochen, sondern vor allem in dem, mit dem ANS eng verbundenen Fasziensystem steckt und unsere Belastbarkeit reduziert.
3.b. Hintere Vagusphase: Die Polyvagaltheorie von Steven W.Purges beschreibt auch eine Phase des hinteren Vagus, die vor allem nach Traumata beobachtet wird. Dabei bezieht sie sich auf eine Schutzreaktion von Reptilien, den Totstellreflex. Aber auch verletzte Tiere nutzen sie zur Regeneration. Wir kennen diese Erstarrungsphase in mehr oder weniger ausgeprägter Form alle nach längeren Stressphasen. Sie zeigt sich als körperlichen und emotionalen Rückzug unseres Unbewussten. Unsere Partner erkennen dies, meist noch vor uns selbst, an unserem Blick, unserer Mimik und unserer inneren und äußeren Haltung.
Wir selbst erleben uns als zunehmend lustlos, ineffektiv und schlecht gelaunt. Bei ausgeprägterem Zustand möchten wir niemanden sehen, alle verhauen oder die Decke über den Kopf ziehen. Anfangs ist dieser Zustand noch durch entsprechende Pausen oder andere Aktivitäten rückgängig zu machen. Verbleiben wir auf Grund der äußeren oder inneren Verstrickungen, krankmachenden Umstände oder Erkrankungen in den letzten beiden Phasen kann das ANS nicht mehr in die entspannte und konstruktive Sympathikus- oder Vagusphase umschalten. Das heißt eine Problemlösung durch kreative oder soziale Betätigung oder Mobilisation von Energien und Bewegung ist nicht mehr möglich. Wir erkennen eine sehr lang anhaltende, chronische Erschöpfungsphase am Fehlen einer Beckenverwringung trotz entsprechender Stressvorgeschichte.
Damit Sie und Ihr ANS flexibel und leistungs- , aber auch liebesfähig bleiben, lernen Sie später an einer regelmäßigen Überprüfung Ihres Beckens die Grenzen Ihrer Belastbarkeit zu erkennen. Mit dem Stresstest lernen Sie Ihre alten und aktuellen, körperlichen und seelischen Stressfaktoren zu unterscheiden. Und mit den Integrationstechniken lernen Sie, die Ihr ANS belastenden Störherde und Störfelder und die dort blockierten Energien und Emotionen zu befreien und konstruktiv einzusetzen. Ihr System verfügt dann nicht nur über mehr Energie, sondern auch über mehr körperliche und emotionale Schwingungsfähigkeit. Sie lernen auf Nuancen Ihrer Befindlichkeit zu reagieren und den Zustand innerer Entspannung nicht nur zunehmend zu kultivieren und zu genießen, sondern ihn auch bei äußerer Anspannung zu bewahren. Da die Verwringung und Verspannung Ihres Beckens und damit Ihres ganzen Körpers nicht nur eine Stressfolge, sondern in der Folge auch eine Stressursache für Ihr ANS, Ihren Bewegungsapparat und Ihre Psyche darstellt, richten Sie sich durch die Auflösung Ihrer Beckenverwringung nicht nur körperlich, sondern auch seelisch auf.
4. Die globale Überlastung
Während wir für unsere eigene Überlastung oder Angst meist selbst bewusst oder unbewusst mitverantwortlich sind, verdankt unsere Erde ihren Stress ausschließlich der Ausbreitung, der Achtlosigkeit und der Habgier seiner intelligentesten Bewohner. Die Unmenschlichkeit im Umgang mit uns selbst, sowie mit der Tier- und Pflanzenwelt und die Zerstörung unseres gemeinsamen Lebensraums, sind vielleichtauch eine der Ursachen bei der Entstehung des Covid Virus. Und die Unkenntnis und das Nichtbeachten der Regeln, nach denen unser Körper und unsere Welt funktionieren, ist sicher ebenfalls ein Grund, warum so viele Menschen, unsere Gesellschaft und unsere Erde zu dekompensieren drohen.
5.Unbewusstes Nervensystem und Chakren
Die praktische Erfahrung seit über Zehn Jahren an vielen Tausend Patienten zeigt die regelmässige Belastung der Hals- und Bauchregion bei Stress, insbesondere durch unterdrückte und unbewuste emotionale Reaktionen. In wieweit die emotionale Belastung auf der organischen oder zusätzlich auch den feinstofflichen Ebenen stattfindet, können wir noch nicht feststellen. Aber möglicherweise sind es tatsächlich die feinstofflichen Energiezentren des Yoga, die bei Stress überlastet werden.
Insbesondere für die Yoga Praktizierenden unter Ihnen aher an dieser Stelle ein kleiner Ausflug zum indischen Energiesystem. So wie als Korrelat der Meridiane der Akupunktur heute in die Faszienketten gesehen werden, könnte man als Korrelat der neuronalen Schaltzentren die Energieräder oder Chakren der fernöstlichen Heilkunde betrachten. Dem Nabelzentrum oder dritten Chakra lägen dann das Sonnengeflecht und das damit verbundene, in der Darmwand gelegene, sogenannte Bauchhirn zugrunde.
Zu den unteren beiden Chakren passen das Vagusgeflecht im Kreuzbein mit Bezug zum Steißbein. Dem Herzchakra entspräche das sogenannte Herzhirn. Dem Halschakra entsprächen die vagalen Verbindungen zu den, unsere Emotionen begleitenden, inneren Halsnerven, die Schilddrüse, die immunkompetenten Drüsen und im hinteren, oberen Nacken der rückkehrende Vagusast. Das Stirnchakra oder drittes Auge hat Bezug zur etwa vor den Ohren im Zentrum des Gehirns gelegenen Zirbeldrüse, die auch anatomisch die Vorraussetzungen für die stärkste Sende- und Empfangsantenne unseres Körpers erfüllt. Bei manchen Tieren hat sie auch eine Verbindung zu lichtempfindlichen Zellen vorn am Schädeldach. Dem Scheitelchakra soll die, das gesamte Vegetativum steuernde Hypophyse zu Grunde liegen. Sie liegt etwas vor und unter der Epipyse auf dem Keilbein, das wir etwa drei Zentimeter hinter den äusseren Augenwinkeln in einer kleinen Kuhle berühren können.
Weitere Nebenchakras werden in den faszialen Schaltzentren, unseren Gelenken sowie den sensiblen Schaltzentren unseren Hand- und Fußsohlen beschrieben.
Jedem Hauptchakra werden bestimmte Aufgaben zugeordnet. Die Verbindung von Fasziensystem und autonomem Nervensystem sowie Gehirn, Bauch- und Herzhirn würde zum Beispiel die, dem Nabelchakra zugeordneten, unbewussten Kommunikationskräfte erklären.
Aber auch, wenn Sie esoterischen Vorstellungen gegenüber kritisch orientiert sind, probieren Sie einfach die Übungen aus. Sie werden nicht nur erkennen, dass es eine Aura sowie einen Bezug zwischen dieser und unserem Körper gibt. Sie werden auch erleben, dass die Entlastung unseres feinstofflichen Körpers und die bewusste Aktivierung seiner physischen und feinstofflichen Schaltstellen auch erheblich zur psychischen und körperlichen Entspannung, Gesundung und Entwicklung beitragen kann.
6.Übung: Nabelintegration mit bewusster Vorstellung
An dieser Stelle möchte ich Ihnen eine Übung zur Aktivierung Ihres feinstofflichen Bewusstseins vorstellen.
Legen Sie eine Hand mit dem Daumen im Nabel und der Kleinfingerkante am Schambein auf den Unterbauch und die andere mit der Handfläche aufs Herz und den Fingern auf den Hals. Verschieben Sie ganz sanft die Basis des Nabels mit Ihrem Daumen in die weicheste Richtung. Stellen Sie sich vor, wie die frei werdende Energie vom Nabelzentrum oder Sonnengeflecht nach unten ins Becken und in Ihre Hüften und Beine bis zu den Füssen fliesst und diese mit Bewusstsein füllt. Dann richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihr Herz und beobachten, wie die Energie aus dem Bauch in Ihr Herz, Ihren Hals und Kopf und Ihre Schultern und Arme fliesst und diese mit Bewusstseins füllt. Versuchen Sie anschließend im Alltag den Bezug zum Bauch und Ihren Füssen immer wieder zu aktivieren.
Im Laufe der Zeit entwickelt sich nicht nur Ihr Körpergefühl, sondern auch eine neutrale Position für Ihren inneren Beobachter.